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Der Alltag mit einer psychischen Erkrankung ist herausfordernd, sowohl für
die Betroffenen wie auch für deren Umfeld. Älteren Menschen mit einer psychiatrischen Diagnose einen geschützten Rahmen zu bieten und ihnen damit einen
lebenswerten Alltag zu ermöglichen – das ist das Ziel der Alterspsychiatrischen
Langzeitp昀氀ege im Alterszentrum Rosental.
Text: Susanna Heckendorn, Bilder: Mareycke Frehner
Die Nachfrage nach Wohnformen, welche den spezi昀椀schen Bedürfnissen von älteren betroffenen Menschen
Rechnung tragen, ist gross. Die 36 Plätze in der Alterspsychiatrischen Wohngruppe im Alterszentrum Rosental
sind begehrt. Die Bewohnenden 昀椀nden hier ein umfassendes und strukturiertes Angebot, das ihnen ein auf sie
und ihre spezi昀椀schen Bedürfnisse abgestimmtes Leben
ermöglicht. In den beiden offenen Stockwerken kommen
und gehen die Bewohnenden, wie sie mögen, sie können
im Speisesaal essen und an allen Aktivitäten und Aktivierungsangeboten teilnehmen. Menschen, die auf eine
engmaschige Betreuung angewiesen sind, leben im geschützten Bereich. Die Bewohnenden dieser Wohngruppe
werden so weit wie möglich in den Alltag des Alterszentrums integriert.
Wer lebt in den Wohngruppen?
Es sind ältere Personen mit einer psychiatrischen Diagnose wie Schizophrenie, bipolaren Störungen oder mit
einem sozial auffälligen Verhalten, die in einem regulären
Alterszentrum nicht ihren Bedürfnissen entsprechend
betreut werden können, weil sie eine speziell strukturierte Umgebung und teilweise eine engmaschige Betreuung
benötigen.
Andrea Frey, Wohngruppenleiterin Alterspsychiatrische
Langzeitp昀氀ege, erklärt, dass viele Menschen mit einer
Persönlichkeitsstörung sich verhältnismässig gut im Leben
zurecht昀椀nden, solange Familie und/oder Job ihnen einen
stabilen Rahmen geben. Fällt dieser im Alter weg, durch
Pensionierung, Auszug der Kinder oder Verlust einer nahestehenden Person, können sich solche Krankheiten oder
Störungen massiv verstärken. Eine stationäre Betreuung
ist angezeigt, wenn Betroffene mit ihrem Leben nicht
mehr zurechtkommen, das Umfeld überfordert ist oder
wenn die Vereinsamung droht.
Herbert Herter ist froh, dass er im Alterszentrum Rosental
einen Platz gefunden hat, der seinen Bedürfnissen entspricht. Nach einer erfolgreichen Banklehre und Sprachaufenthalten in England und Frankreich ging es mit seiner
Gesundheit bergab. «Die psychischen Probleme kamen
schleichend, wurden aber rasch schlimmer, und ich konnte
schon bald nicht mehr arbeiten.» Es folgten immer wieder
Klinikaufenthalte, die jedoch keine nachhaltige Besserung
brachten. Nach dem letzten Klinikaufenthalt, während
dem er teilweise isoliert werden musste, fand sich für
ihn ein Platz in der geschützten Wohngruppe im Alterszentrum Rosental, wo er sich wohl fühlt. Die Nächte seien
manchmal noch schwierig, er habe immer wieder Angstzustände und Panikattacken. Dennoch gefällt es ihm gut:
«Hier wird gut für mich geschaut. Ich geniesse das feine
Essen und muss mich weder um die Wäsche noch um das
Putzen kümmern. Ich habe es gut mit den Leuten und es
ist immer jemand da zum Reden.» Seine Mietwohnung hat
Herbert Herter noch behalten, aber im Moment traut er
sich das Alleinleben nicht zu. «Ich habe Angst vor der Einsamkeit und kann mir gut vorstellen, hier zu bleiben.»
Worauf es ankommt
Ein stabiles Umfeld, feste Bezugspersonen und verbindliche Abmachungen sind die Basis, um den Bewohnenden
ein selbstständiges und weitgehend selbstbestimmtes
Leben zu ermöglichen. Ist eine medikamentöse Unterstützung angezeigt, wird diese regelmässig überprüft und
angepasst. «Ein wichtiger Faktor ist die Milieutherapie»,
erläutert Andrea Frey. Dabei wird ein Umfeld geschaffen,
in dem die Bewohnenden einen ihren Bedürfnissen und
Möglichkeiten entsprechenden Alltag leben können. Dazu
gehört beispielsweise die Teilnahme an der täglichen
Morgenrunde, in der wichtige Informationen ausgetauscht
und Fragen beantwortet werden. Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen, Tischdecken oder Wäschefalten geben dem
Alltag Struktur und den Bewohnenden das Gefühl, gebraucht zu werden. In der geschützten Wohngruppe 昀椀ndet
das Mittagessen gemeinsam mit der P昀氀ege und Betreuung
an einem «Familientisch» statt.
Astrid Rütimann
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